FISCHBACH: Psycho-soziale Probleme der Schüler müssen in den Mittelpunkt

Seit knapp einem Jahr wirkt sich die Corona-Pandemie negativ auf den Schulalltag aus. Die Mängelliste einer Expertenrunde, die auf Antrag der FDP-Fraktion im Bildungsausschuss des Bayerischen Landtags befragt wurde, war lang: Für den bildungspolitischen Sprecher der FDP-Fraktion Matthias Fischbach sind die lautstarken Hilferufe aus der Schulfamilie keine Überraschung.

Abgehängte Schülerinnen und Schüler, überlastete Schul- und Lehrkräfte oder mangelnder Gesundheitsschutz waren nur einige der Themen, die Lehrer, Schulleitungen und Schulpsychologen in der Video-Anhörung des Bildungsausschusses vortrugen. Unisono beklagten alle Verbände einen Personalmangel auf allen Ebenen. "Die Sorgen und Nöte an den Schulen waren ihren jeweiligen Facetten deutlich zu hören. Besonders der Hilfeschrei von Schülerseite bleibt mir in Erinnerung. Die Kinder und Jugendlichen fürchten in der schwierigen Lage und bei den anstehenden Prüfungen um ihre Zukunftschancen. Es war daher überfällig, dass der Landtag die ganze Breite der Schulfamilie zu Wort kommen lässt", so Fischbach.

Im Vorfeld der Anhörung hatte der bayerische Schulleitungsverband für Grund-, Mittel- und Förderschulen in einem Brandbrief an Kultusminister Michael Piazolo seinen Unmut lautstark Luft gemacht. Die Grenzen der Belastbarkeit und Realisierbarkeit sei bei den Schulleitungen erreicht, hieß es darin. Den Ärger auf den Kultusminister kann Fischbach nachvollziehen. "Knapp ein Jahr nach dem ersten Schullockdown ist Piazolos Politik noch immer weitgehend plan- und orientierungslos. Weder gibt es flächendeckend etablierte Schutzkonzepte für die Schulen noch eine Strategie für hochwertigen Digitalunterricht."

"Von fairen Bedingungen kann schon seit Monaten nicht mehr die Rede sein"

Schwer im Magen liegt Fischbach das gebetsmühlenartig vorgetragene Lippenbekenntnis Piazolos, man könne nicht von einem verlorenen Schuljahr sprechen. "Von fairen Bedingungen kann schon seit Monaten nicht mehr die Rede sein. Dies trifft beispielsweise auf die Abschlussklassen am Gymnasium sowie den Fachober- und Berufsoberschulen zu, da sie aufgrund der reduzierten Gesamtzahl quasi nur 'einen Schuss' pro Fach haben und ihre Noten nicht mehr korrigieren können." Per Dringlichkeitsantrag fordert die FDP-Fraktion die Staatsregierung daher auf, für die Abschlussprüfungen schnellstmöglich faire Rahmenbedingungen zu schaffen. Es müsse garantiert werden, dass niemand durch die Corona-Krise schlechter gestellt werde, etwa durch Günstigkeitsregeln.

Ein besonderes Augenmerk legt Fischbach auf die psycho-sozialen Probleme der Schüler. "Die negativen sozialen Auswirkungen der Pandemie auf unsere Schüler verdienen deutlich mehr Beachtung. Denn die Krise geht mit erheblichen Belastungen für die seelische Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen einher. Die bestehenden Unterstützungssysteme mit Schulpsychologen oder Beratungslehrern sind nicht geeignet die aktuelle Distanz zwischen Schule und Schülern zu überbrücken."  

Fischbach fordert daher digitale und niedrigschwellige Hilfsangebote. Im Falle eines möglichen seelischen Schocks oder einer konkreten Lebenskrise müsse eine möglichst zeitnahe Reaktion sichergestellt sein, um den Hilfeschrei richtig kanalisieren zu können. "Private Initiativen, wie die psychologische Online-Hilfe krisenchat.de springen aktuell in diese Lücke und bekommen über Messenger-Dienste tausende Schüler-Anfragen. Der Freistaat sollte solche Ansätze unterstützen, aber auch das eigene Unterstützungsangebot reformieren und digitalfit machen – für Corona und umso mehr für die Zeit danach," so Fischbach. (jba)