Wofür wir stehen ...
Für uns Freie Demokraten im Bayerischen Landtag ist es ein besonders wichtiges Anliegen, dass Frauen alle Chancen offen stehen für einen beruflichen, politischen und gesellschaftlichen Aufstieg. Die traditionellen Rollenmuster, die über Jahrzehnte in Bayern gepflegt wurden, entsprechen längst nicht mehr der Realität. Genau diese Muster haben dazu geführt, dass Frauen noch immer nicht die gleichen Perspektiven haben wie Männer. Ein beruflicher Erfolg darf nicht davon abhängen, welches Geschlecht man hat. Vorankommen muss man vor allem durch seine Leistung, unabhängig vom Geschlecht.
Vielfalt der Lebensentwürfe stärken
Wir setzen uns für eine geschlechterunabhängige Förderung der Kinder in Bayern ein. Egal, ob Mädchen oder Jungen: Es geht darum, alle in ihrer Entwicklung zu fördern. Dabei wollen wir uns dafür einsetzen, dass Geschlechterstereotype in der Berufswahl – sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen –durchbrochen werden. Pädagogische Konzepte sollen ihren Fokus auf die Bedürfnisse jedes Kindes richten, anstatt sich an starren Geschlechterrollen zu orientieren.
Wir möchten die Vielfalt der Lebensentwürfe stärken. Frauen und Männern ist gleichermaßen eine freie Entfaltung in allen Lebensbereichen sowie der Zugang zu Chancen zu ermöglichen. Um dies zu erreichen, muss nicht nur die Verteilung von Rollen sondern auch die Arbeitsverteilung und -organisation in Familie, Beruf und Gesellschaft von uns allen in einer liberalen Gesellschaft hinterfragt werden.
Maßnahmen wie die Verbesserung der Kinderbetreuung, Flexibilisierung der Arbeitszeiten und Homeoffice sind voranzutreiben. Ferner müssen die bisherigen familienpolitisch gut gemeinten Maßnahmen darauf überprüft werden, ob sie Selbstbestimmung stärken oder nur vorhandene Rollenbilder fortschreiben. Statt Geld umzuverteilen, müssen Familien entlastet werden – beispielsweise durch gute und verlässliche Kinderbetreuung, Kurzzeitpflege und weniger Bürokratie.
Lebenslanges Lernen – auch mit Familie
Die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungen muss mit Familien- beziehungsweise Sorgearbeit vereinbar sein. Das heißt, dass Aus- und Weiterbildungen in unterschiedlichen Zeitfenstern und in unterschiedlicher Dauer angeboten werden müssen. Es sollen auch Weiterbildungsformate mit weniger Präsenz vor Ort und verstärktem Online-Angebot geschaffen werden. Weiterbildungsträger, die neue und familienfreundliche Formate schaffen, sollen besonders ausgezeichnet werden. Auch sollte es zum Regelfall werden, dass Frauen und Männer, die sich in Elternzeit befinden, an betrieblichen Fort- und Weiterbildungsangeboten ganz selbstverständlich weiter teilnehmen und partizipieren können – so wie es die Betreuung der Kinder zulässt. Das bedingt auch, dass Fort- und Weiterbildungen vermehrt in Teilzeitformaten anzubieten sind und in Härtefällen die Kosten für die Kinderbetreuung übernommen oder zumindest anteilig bezuschusst werden sollten – beispielsweise für Alleinerziehende. Dazu gehört auch, dass die Kollegen in Elternzeit weiter über entsprechende Angebote informiert werden. In der betrieblichen Realität sind Elternzeit sowie Aus-/ Fort- und Weiterbildung leider nur selten gleichzeitig möglich. Vor allem der öffentliche Dienst muss hier mit gutem Beispiel vorangehen.
Neue Formate wie etwa Ausbildungsgänge, die in Teilzeit oder modular absolviert werden können, müssen stärker in den Fokus gerückt werden. Sie ermöglichen es (im Sinne eines lebenslangen Lernens), auch neben einem bestehenden Arbeitsverhältnis eine Ausbildung zu machen. So können sich neue Chancen für eine andere Tätigkeit auch noch im späteren Berufsleben öffnen.
Anschub für Gründerinnen
Noch immer ist die Anzahl von Gründerinnen viel geringer als die von männlichen Gründern. Oft liegt das nicht am fehlenden Willen oder an mangelnden Ideen, sondern an fehlenden Zugängen. Der gesamte Start-up- als auch der Risikokapitalbereich sind stark männerdominiert. Gründerinnen brauchen hier mehr Vernetzung.
Wir möchten daher Frauen bei der Gründung durch die Schaffung eines bayerischen Netzwerks für Investorinnen und Investoren unterstützen. Dieses soll das Matching zwischen Gründerinnen und Investorinnen beziehungsweise Investoren erleichtern. Zudem wollen wir einen Risikokapitalfonds in Form einer öffentlich-privaten Partnerschaft gründen, der gezielt Gründerinnen unterstützt.
Der Gründungszuschuss ist von einer vorhandenen Arbeitslosigkeit abzukoppeln. Insbesondere während beziehungsweise nach der Familienphase soll sich die Gründerin einmalig um eine Förderung in der Startphase bewerben können. Dazu muss sie ein tragfähiges Existenzgründungskonzept vorlegen. Die Antragstellerin muss fachlichen und materiellen Voraussetzungen für die erfolgreiche Ausübung der selbstständigen Tätigkeit durch die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle (zum Beispiel IHK) nachweisen.
Zur sozialen Absicherung soll Gründerinnen, die aus der Familienphase kommen, eine Pauschale von 300 Euro gewährt werden – befristet auf maximal 15 Monate. Diese Pauschale soll die freiwillige Absicherung in den gesetzlichen Sozialversicherungen ermöglichen.
Steuerklassen III und V abschaffen
Wir möchten, dass Eltern frei entscheiden können, wie sie Beruf und Familie miteinander vereinbaren. Einseitige Modelle, welche die Freiheit arbeitender Mütter und Väter einschränken, sind nicht zeitgemäß. Stattdessen möchten wir flexible Modelle stärken. Daher fordern wir, die Steuerklassen III und V abzuschaffen, damit sich in der Steuerklasse IV die Abzugsbeträge beider Ehegatten stärker am jeweiligen Anteil am Bruttoarbeitslohn orientieren.
Schwangerschaft – Unterstützung statt Bevormundung
Wir wollen Frauen mit Kinderwunsch unterstützen. In einem ersten Schritt ist es uns gelungen, die Regierungskoalition dafür zu gewinnen, dass der Freistaat bei Ehepaaren mit unerfülltem Kinderwunsch künftig einen Teil der Kosten für die künstliche Befruchtung übernimmt. Wir wollen, dass dies künftig auch für alle Frauen gleichermaßen gilt – also auch für unverheiratete Paare, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften und alleinstehende Frauen.
Selbstbestimmung fordern wir auch für Frauen, die ungewollt schwanger sind. Das Strafrecht regelt in seinen §§218ff. Strafgesetzbuch (StGB) die Voraussetzungen für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch. Für uns ist klar, dass eine sachliche Information über den Abbruch für schwangere Frauen, die oft in der schwierigsten Situation ihres Lebens sind, möglich sein muss.
§219a StGB ist deshalb ersatzlos zu streichen, denn er stellt die sachliche Information zu legalen Schwangerschaftsabbrüchen unter Strafe. Auch die kürzlich eingeführte Anpassung des Paragrafen hat nur wenig geändert. Die bayerische Regelung, die das Informationsrecht auf Schwangerschaftsabbrüche weitergehend einschränkt, möchten wir abschaffen.
Wir stellen fest, dass Frauen praktische Hürden in den Weg gestellt werden, um die oft knappe zwölf Wochen-Frist einzuhalten. So erhalten Frauen oft nicht rechtzeitig einen Beratungstermin oder finden – vor allem im ländlichen Raum – kaum Ärzte oder Krankenhäuser, die den Abbruch vornehmen. Wenn für die Frau feststeht, dass sie das Kind nicht bekommen möchte, muss es ihr innerhalb der gesetzlichen Frist auch möglich sein, diese Entscheidung umzusetzen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass es eine flächendeckende Versorgung mit Beratungsstellen und Einrichtungen, die einen Abbruch vornehmen, gibt. Wir fordern, dass Frauen einen Anspruch haben sollen, den erforderlichen Beratungstermin innerhalb von einer Woche zu erhalten.
Frauen vor Gewalt schützen
Physische und psychische Gewalt gegen Frauen und Mädchen gehört leider zum Alltag in Bayern. Rund ein Drittel aller Frauen ist in ihrem Leben von Gewalt betroffen. Häufig wird die Gewalt im häuslichen Umfeld ausgeübt.
Daher ist es wichtig, dass die Istanbul-Konvention auch in Bayern zügig umgesetzt wird Frauenhausplätze müssen in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen. Es darf nicht passieren, dass eine Frau, die zu Hause Gewalt erlebt hat, aufgrund von unzureichenden Plätzen nach Hause zurückkehren muss, wo ihr weitere Gewalt droht. Es muss nicht nur ein Ausbau der Plätze stattfinden, sondern auch eine Verbesserung der Vernetzung der Frauenhäuser untereinander. Jede Frau, die ein voll belegtes Frauenhaus aufsucht, muss sofort eine Alternative erhalten. Zudem gilt es, die Frauenhäuser auch entsprechend auszustatten, damit diese guten Schutz bieten und die notwendigen Bedürfnisse erfüllen.
Wir fordern außerdem gezieltere Aufklärungskampagnen über K.O.-Tropfen. Dieses Thema muss in den Lehrplan an allen weiterführenden Schulen aufgenommen werden. Neben der Prävention sind Ärzte und Polizei umfassend zu informieren, damit sie Anzeichen bei Betroffenen erkennen. Jedes Opfer sollte bei Verdacht sofort untersucht und Spuren sichergestellt werden. Medizinische und psychologische Behandlung ist anzubieten.
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Julika Sandt, MdL
Stv. Fraktionsvorsitzende, Sprecherin für Arbeit, Soziales, Familie, Frauen, Jugend und Menschen mit Behinderung -
Petr Lehr
Referent für Arbeit, Soziales, Jugend, Familie und Integration