Ausbau Ganztagsangebote und Mittagsbetreuung an Schulen
Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Matthias Fischbach FDP
Ganztagsangebote haben in den letzten Jahren an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen. Spätestens seit der OECD-Studie PISA zählen sie für Experten, Lehrer, Eltern und die Politik zu wichtigen Faktoren für erfolgreiches schulisches Lernen. Dabei gibt es allerdings große Unterschiede in der Gestaltung von Ganztagsangeboten und der sich daraus ergebenden Bildungsqualität. Darüber hinaus besteht die Herausforderung, den Bedarf an ganztägiger Betreuung zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu decken. Bayern ist laut Kultusministerkonferenz (KMK) weiterhin im quantitativen Ausbau der Ganztagsbetreuung Schlusslicht in Deutschland. Während in Bayern lediglich 22,1 Prozent der Schülerinnen und Schüler allgemeinbildender Schulen ganztägig beschult werden, sind es in Sachsen 78,9 Prozent. Laut dem Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) liegt die Nachfrage mittlerweile bei 72 Prozent der Erziehungsberechtigten in Bayern, die sich einen Ganztagsplatz für ihr Kind wünschen.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung:
1.
a.) Von welchem Bedarf bzw. welcher Nachfrage nach Ganztagsangeboten in Bayern geht die Staatsregierung aktuell und bis zum Jahr 2025 aus (Bitte Nachfrage in Prozent angeben und falls möglich auch nach den verschiedenen Formen der Ganztagsangebote aufschlüsseln)?
b.) Wie hoch ist der Anteil der bayerischen Schülerinnen und Schüler, die ein Ganztagsangebot wahrnehmen, sowie der Anteil der Schulen, die ein entsprechendes Ganztagsangebot zur Verfügung stellen für die Schuljahre 2015/16 bis 2018/19 (Bitte prozentuale und absolute Werte angeben und aufschlüsseln nach Angebotsart, Schulart, Trägerschaft, Regierungsbezirk sowie Standort der Einrichtung im ländlichen Raum oder in einem Verdichtungsraum im Sinne des Landesentwicklungsprogramms Bayern)?
c.) Mit welchen Konzepten bzw. Zielsetzungen gedenkt die Staatsregierung auf den Bedarf in den nächsten Jahren jeweils zu reagieren und insbesondere die notwendigen Kapazitäten für die Umsetzung des Rechtsanspruches auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter bis 2025 zu schaffen (Bitte mit Aufgliederung nach geplanter personeller und räumlicher Kapazitätserweiterung, nach Schulart, Trägerschaft und Regierungsbezirk sowie möglichst unter Angabe der jeweiligs erwarteten Kosten)?
2.
a) In welcher Höhe sind, die im Doppelhaushalt 2017/2018 und 2019/2020 jeweils eingestellten finanziellen Mittel für Ganztagsbetreuung beantragt, bewilligt bzw. abgerufen worden (Bitte Aufschlüsselung nach Bezirk, Schulart, Trägerschaft sowie nach offener, teilgebunder und gebundener Ganztagsschule sowie Mittagsbetreuung in regulärer und verlängerter Form)?
b) Welche Maßnahmen werden im Einzelnen durch den Haushaltstitel EP 05 04/633 69 (Zuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände für Ganztagsangebote) gefördert?
c) In welcher Höhe wurden Mittel aus dem Haushaltstitel EP 05 04/633 69 jeweils in den Haushaltsjahren 2017/2018 und 2019/2020 an Einrichtungen im Regierungsbezirk Mittelfranken beantragt, bewilligt bzw. abgerufen (Bitte aufgegliedert nach Landkreis und Maßnahmen)?
3.
a) Wie haben sich die beantragten, bewilligten und abgerufenen Zuweisungen gem. Nr. 2.3 i.V.m. 3.1.1 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 31. Januar 2018 über gebundene Ganztagsangebote an Schulen (KWMBl. S. 88 und S. 93) sowie Art. 23 und Art. 44 BayHo für zusätzlichen Personalbedarf von Schulen in staatlicher, kommunaler und freier Trägerschaft für Ganztagsangebote in den letzten 5 Jahren entwickelt (Bitte aufgegliedert nach Lehrerwochenstunden und Budget, Regierungsbezirk, Angebotsart und Schulart)?
b) Wie hoch war dementsprechend der jeweilige, nicht durch die Förderung des Freistaats gedeckte Bedarf für zusätzliches Personal von Schulen in staatlicher, kommunaler und freier Trägerschaft für die Errichtung von Ganztagsangeboten?
c) Wie stellt die Staatsregierung sicher, dass das zusätzlich akquirierte Lehrpersonal umfassend in die Personalentwicklungskonzepte der Schule aufgenommen und verbindlich zu ganztags-relevanten Themen fortgebildet werden kann?
4.
a) Wie gestaltet sich die Finanzierungssituation aus Sicht eines kommunalen Sachaufwandsträgers beispielhaft bei der Einrichtung eines offenen Ganztagsangebots an einer kommunalen Grundschule mit einer Langzeitgruppe (bis 16 Uhr) sowie zwei Kurzgruppen (bis 14 Uhr) bezüglich aller anfallenden Kosten eines gewöhnlichen Ganztagsangebots und unter Einbeziehung des Zuschusses des Freistaats inklusive der zu leistenden Pauschale zur Mitfinanzierung der Betreuungskosten der Kommune (Bitte eine repräsentative Beispielrechnung darstellen, die Personalausgaben für zusätzliche Betreuungskräfte ebenso beinhaltet, wie auch Verwaltungs- und Koordinationsaufwand, Kosten für die Einrichtung eines zusätzlichen Bustransfers, Kosten für die Einbindung Externer für zusätzliche Arbeitsgruppen am Nachmittag sowie Fortbildungskosten, etc.)?
b) Was unternimmt die Staatsregierung, um die Sachaufwandsträger von den Vorteilen der Umsetzung von Ganztagsangeboten zu überzeugen?
c) Um welchen Betrag müsste das Budget pro offener Ganztagsgruppe vom Freistaat erhöht werden, damit die Schulen für die im Rahmen des Ganztags zusätzlich angebotenen Stunden selbst qualifiziertes pädagogisches Personal in Form von ausgebildeten Lehrkräften anstellen könnten (Bitte aufgegliedert nach Schularten; bei den Lehrkräften ist jeweils von der regulären Gehaltseinstufung der jeweiligen Schulart auszugehen)?
5.
a) Welche Erfahrungen gibt es mit der Kombination von staatlichen Ganztagsangeboten (offen/gebunden) während der Schulzeit mit Hortangeboten in den Ferien, um für berufstätige Eltern ein durchgehendes Betreuungsangebot sicherzustellen?
b) Ist die Staatsregierung bereit, hierzu Best-Practice-Beispiele an die Kommunen und Schulen zu multiplizieren und ggfs. solche Kombimodelle zu unterstützen?
c) Ist die Staatsregierung bereit, solche Kombimodelle in Form eines Schulversuchs zu erproben?
6.
a) Mit welchen Zuschüssen rechnet die Staatsregierung für den Freistaat Bayern in den kommenden Jahren vonseiten des Bundes für Ganztagsangebote und Mittagsbetreuung (Bitte bisherigen Stand der Gespräche zwischen Bund- und Länder-Vertretern hierzu darstellen und soweit möglich aufschlüsseln nach erwartetem Zeitpunkt, Höhe der Zuschüsse und angedachten Maßnahmen)?
b) Wie gedenkt die Staatsregierung im Einzelnen die Kritik des Bayerischen Obersten Rechnungshofs aus dem Jahresbericht 2008 zum Ganztags-Investitionsprogramm “Zukunft, Bildung und Betreuung” (IZBB) mit Blick auf zukünftige Ganztagsfördermaßnahmen zu berücksichtigen (Bitte insbesondere einzeln auf Haltung zu 90%-Förderquoten, Windhundprinzip, Erhebung der Zahl der Ganztagsplätze und des tatsächlichen Bedarfs, Berücksichtigung privater Träger, Zielkontrolle, Mitnahmeeffekte, Förderstandards und Kostenrichtwerte eingehen)?
c) Welche Informationen gibt es inzwischen zu jeweils in den letzten Jahren seit dem Investitionsprogramm IZBB neu geschaffenen Ganztagsangeboten bzw. -Plätzen in Bayern (Bitte aufgegliedert nach Angebotsart, Schulart, Trägerschaft und Regierungsbezirk)?
7.
a) Warum stagniert in Bayern laut Zahlen der Kultusministerkonferenz die Anzahl der Schülerinnen und Schüler an Mittelschulen und Realschulen in Ganztagsbetreuung bzw. geht teilweise zurück, während es einen signifikanten Anstieg an Grundschulen gibt?
b) Inwieweit ist der Ausbau weiterer Schulen zur „kooperativen Ganztagsbildung“ nach dem Vorbild der Grundschule am Pfanzeltplatz in München mit rhythmisierter und flexibler Variante geplant (Bitte unter Nennung von Zeitplänen und in Frage kommenden Standorten)?
8.
a) Wie gedenkt die Staatsregierung generell die Qualität von Ganztagsunterricht zu steigern und messbar zu machen insbesondere mit Blick auf die vom “Aktionsrat Bildung” empfohlenen länderübergreifenden, pädagogischen Leitlinien und Qualitätsstandards?
b) Welche Ergebnisse wurden im Rahmen der im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus entwickelten Bilanzberichte zur Erreichung verbindlich festgelegter Qualitätsstandards für offene und gebundene Ganztagsangebote in den Jahren 2017/18 und 2019/2020 erzielt (Bitte unter Vorlage der vollständigen Ergebnisse)?
c) Mit welcher Begründung sind die Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung an Ganztagsschulen nicht Teil der externen Evaluation gemäß Art. 113c BayEUG?