Informelle Weisungen an die Staatsanwaltschaften

Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Martin Hagen FDP, Toni Schuberl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

In der Sitzung des Verfassungsausschusses vom 27.06.2019 wurde ein Berichtsantrag der FDP-Fraktion zur Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaften in Bayern (Drucksache 18/2353) mündlich durch einen Vertreter der Staatsregierung beantwortet. Dabei wurde erklärt, dass in den Jahren 2010 bis 2019 nur eine einzige Weisung durch das Staatsministerium der Justiz dokumentiert wurde, nämlich im Fall Mollath. Auf Nachfrage konnte zu anderen Einflussnahmen durch das StMJ auf konkrete Strafverfahren durch informelle Bitten, Hinweise und Gespräche nicht spontan berichtet werden.

Wir fragen die Staatsregierung:

1.    
a) Sieht die Staatsregierung Änderungsbedarf hinsichtlich des externen, einzelfallbezogenen Weisungsrechts des StMJ gegenüber der Staatsanwaltschaft (bitte erläutern)?
b) Falls ja, wie will sie sich für die Beschränkung dieses Weisungsrechts einsetzen?
c) Falls nein, aus welchen Gründen hält sie trotz der Kritik des Europarats vom 30.09.2009, des EuGH-Urteils zum Europäischen Haftbefehl und der dem gegenüberstehenden offenbaren praktischen Irrelevanz (eine formelle Weisung in 9 Jahren) an diesem Institut fest?

2.    
a) Hält die Staatsregierung die Ausübung des externen Weisungsrechts für hinreichend transparent (bitte erläutern)?
b) Aus welchen Gründen werden im Freistaat Einzelfallweisungen des StMJ an die Staatsanwaltschaft nicht schriftlich erteilt oder im Falle einer mündlichen Weisung nicht schriftlich bestätigt?
c) Welche Voraussetzungen müssen nach Auffassung der Staatsregierung erfüllt sein, um von einer „Weisung“ zu sprechen?

3.    
Wie viele Fälle sind der Staatsregierung bekannt, in denen informelle Hinweise oder Bitten von Seiten des StMJ an die Staatsanwaltschaften erfolgten, die die Sachbehandlung von Verfahren im Einzelnen betrafen (Bitte aufschlüsseln für die Jahre 2010 bis 2019, nach Vorverfahren/Hauptverfahren, Delikt, Anweisung)?

4.    
a) Wie viele Berichte der Staatsanwaltschaften an das StMJ zur Sachbehandlung von Verfahren in den Jahren 2010 bis 2019 sind der Staatsregierung bekannt?
b) Welche formellen oder informellen Anweisungen von Seiten des StMJ an die Staatsanwaltschaften dahingehend, welche Angelegenheiten als besonders bedeutsam und daher berichtspflichtig angesehen werden, gibt es?
c) Falls ja, welche Angelegenheiten (i.S.v. Maßnahmen, Delikten, Person des Beschuldigten, Angeklagten, Geschädigten) betrifft das?

5.    
a) In welcher Form erfolgen die Berichte der Staatsanwaltschaft an das StMJ?
b) Wie werden die Berichte vom StMJ dokumentiert?
c) Wer hat Einsicht in diese Berichte?

6.    
Wie kann die Staatsregierung ausschließen, dass in einzelnen Verfahren in den Jahren 2010 bis 2019 nicht dokumentierte verfahrenslenkenden Weisungen an die Staatsanwaltschaft durch das StMJ erfolgt sind?

Antwort der Staatsregierung siehe Download