Konversion von Komplexeinrichtungen entscheidend voranbringen II - Beteiligung der Bewohnerinnen und Bewohner mit Fokus auf junge Menschen

Antrag der Abgeordneten Martin Hagen, Julika Sandt, Alexander Muthmann, Matthias Fischbach und Fraktion (FDP)


Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, im Rahmen des Prozesses der Konversion von Komplexeinrichtungen die Beteiligung der Bewohnerinnen und Bewohner zu stärken und hierbei auch besonderen Fokus auf junge Menschen zu legen.

Dies soll erreicht werden, indem beispielsweise die bestehenden Partizipationsmöglichkeiten durch Kampagnen sichtbarer gemacht werden und gleichzeitig Befragungen der Bewohnerinnen und Bewohner zu ihren Wünschen durchgeführt werden. Zudem sollen über Exkursionen oder ein Probewohnen betroffene Menschen Erfahrungen mit den neuen Wohnformen sammeln und somit einen Überblick über alle Möglichkeiten erhalten. Ziel muss es sein, dass die Menschen ihre Wahlfreiheit ausüben können. Auch weitere betroffene Menschen, wie die Beschäftigten, Familien der Bewohnerinnen und Bewohner sowie Bürgerinnen und Bürger der Kommunen sind in den Prozess einzubeziehen.

Darüber hinaus soll auch bei jungen Menschen mit Behinderung die Aufklärung über alle möglichen Wohnformen verstärkt stattfinden, damit sie sich frei für die gewünschte Wohnform entscheiden können und durch ein fehlendes Wissen nicht daran gehindert werden, bestimmte Angebote in Anspruch zu nehmen. Außerdem sollen junge Menschen mit Behinderung explizit in den Prozess der Konversion von Komplexeinrichtungen einbezogen werden, da das Ergebnis der Konversion maßgeblich ihre zukünftigen Möglichkeiten beeinflussen wird.

Bei bestehenden Komplexeinrichtungen, die für eine Weiterentwicklung als inklusive Sozialräume in Frage kommen, sollen auch potenzielle neue Zielgruppen definiert und befragt werden, ob und unter welchen Voraussetzungen sie sich vorstellen könnten, in einem inklusiven Sozialraum für Menschen mit und ohne Behinderung zu leben.

Begründung

In seiner Stellungnahme zur Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales, Familie und Jugend am 28.01.2021 merkte der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, Holger Kiesel, an, dass ihm bisher nichts über eine konkrete Einbindung der Menschen mit Behinderung und ihrer Familien in den Prozess der Konversion von Komplexeinrichtungen bekannt ist. Dies widerspricht jedoch den Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention, denn Menschen mit Behinderung müssen an Vorgängen, die sie direkt betreffen, beteiligt werden. Bei der Konversion von Komplexeinrichtungen darf nicht nach dem Motto "über uns, ohne uns" vorgegangen werden. Es wäre ein fataler Fehler, wenn die Konversion völlig vorbei an den Wünschen und Bedürfnissen der betroffenen Menschen erfolgt.

Es sind daher etablierte Partizipationsmöglichkeiten sichtbarer zu machen. Beispielsweise kann dies über Kampagnen in den Komplexeinrichtungen erfolgen. Um die Bedürfnisse der betroffenen Menschen sichtbar zu machen und somit auch berücksichtigen zu können, sind dazu groß angelegte Befragungen erforderlich, in denen die Bewohnerinnen und Bewohner ihre Wünsche äußern können. Da sich die Konversion jedoch nicht nur auf die Bewohnerinnen und Bewohner auswirkt, sondern darüber hinaus auch auf ihre Familien oder die Beschäftigten, sind auch diese zwingend einzubeziehen. Da die Dezentralisierung zu einer Integration der Einrichtungen in Kommunen führen soll, sind zudem auch die Bürgerinnen und Bürger der Kommunen zu beteiligen. Denn so kann eine hohe Akzeptanz gewährleistet werden.

Speziell für junge Menschen bedeutet die Konversion und die damit verbundene Wahlfreiheit eine wichtige Errungenschaft. Seine Wahlfreiheit kann man jedoch nur soweit in Anspruch nehmen, wie man auch Kenntnisse über die Möglichkeiten gibt. Die jungen Menschen sollen sich frei entscheiden können, wie sie in der Zukunft leben möchten. Damit sie sich aber frei entscheiden können, brauchen auch sie Erfahrungen mit allen möglichen Formen des Wohnens. Durch Exkursionen oder Probewohnen können sie erste Erfahrungen sammeln und somit eine gute Entscheidungsgrundlage gewinnen.