Mehr Freiräume durch flexible Wochenarbeitszeiten

Antrag der Abgeordneten Martin Hagen, Julika Sandt, Albert Duin, Alexander Muthmann, Matthias Fischbach und Fraktion (FDP)

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative für folgende Änderungen im Arbeitszeitgesetz einzusetzen:

1. Einführung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit im §3 ArbZG anstelle der bisher geltenden täglichen Höchstarbeitszeit und somit eine Anlehnung an die EU-Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG). Die neue Regelung soll den Erfordernissen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes entsprechen. Die Höhe der gesetzlichen maximalen Wochenarbeitszeit bleibt dabei unverändert.

2. Einführung einer Möglichkeit im §5 ArbZG zur Verkürzung der Dauer der täglichen Ruhezeit in begründeten Fällen um bis zu zwei Stunden. Jede Verkürzung der täglichen Ruhezeit soll innerhalb von vier Wochen durch Verlängerung einer anderen täglichen Ruhezeit auf mindestens zwölf Stunden ausgeglichen werden. Dem Schutz der Gesundheit und der Sicherheit soll hierbei Rechnung getragen werden.

3. Schaffung einer Regelung, nach welcher kurze und vom Arbeitnehmer gewünschte Unterbrechungen der Ruhezeit für die Einhaltung der Dauer der Ruhezeit unschädlich sind. Dem Schutz der Gesundheit und der Sicherheit soll hierbei Rechnung getragen werden.

Begründung:

Die Digitalisierung hat sich in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Treiber der Veränderungen der Gesellschaft und Wirtschaft entwickelt. Die modernen Technologien ermöglichen stets flexiblere und selbstbestimmtere Arten des Arbeitens. Home-Office und dezentralisierte oder gar internationale Teams sind nur zwei Beispiele dafür, wie moderne Technologien die Arbeitswelt von heute bestimmen. Während sich jedoch die Arbeitswelt bereits im 21. Jahrhundert befindet, ist das Arbeitszeitgesetz trotz aller Bestrebungen immer noch auf dem Stand des Jahres 1994 geblieben. Somit bewegen sich viele Arbeitnehmer täglich in einer Grauzone des Arbeitszeitgesetzes.

Es ist auch notwendig, dass die bisher sehr starren Ruhezeitregelungen flexibilisert werden und dadurch auch eine Unterbrechung der Arbeit und eine spätere Wiederaufnahme der Arbeit möglich wird. Diese Regelung kommt insbesondere Arbeitnehmern entgegen, die beispielsweise ihren Arbeitstag unterbrechen, um ihre Kinder von der Kita abzuholen und zuhause versorgen und Aufgaben später erledigen wollen. Nur so wird unser Arbeitszeitgesetz auch der modernen Lebenswirklichkeit gerecht. Besonders wichtig ist, dass die neu geschaffenen Flexibilitäts-Spielräume dem Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer Rechnung tragen.

Die EU-Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG) gibt den Mitgliedsländern einen Rahmen vor, in dem die Länder flexible Regelungen treffen können. Deutschland nutzt die durch die Arbeitszeitrichtlinie geschaffenen Spielräume jedoch nicht aus und ermöglicht somit den Arbeitnehmern und Arbeitgebern keine ausreichende Flexibilität bei der Ausgestaltung der Arbeitszeiten. Deutschland sollte daher mehr Flexibilität ermöglichen, indem von der bisher sehr starren und nicht mehr zeitgemäßen Regelung, die eine tägliche Höchstarbeitszeit von 8 Stunden vorgibt, auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit umgestellt wird. Eine Umstellung auf wöchentliche Höchstarbeitszeit führt aufgrund des §5 ArbZG in Verbindung mit Artikel 3 EU-Arbeitszeitrichtlinie nicht dazu, dass es keine faktische Einschränkung der Tageshöchstarbeitszeit mehr gibt. Weiterhin finden die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes und der EU-Arbeitszeitrichtlinie zu täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten Anwendung. [1]

Zudem trägt die Schaffung von Spielräumen bei der flexiblen Anpassung der Arbeitszeiten auf die betrieblichen Erfordernisse zum Erhalt und weiteren Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit und so auch der Arbeitsplätze bei. Flexiblere Arbeitszeiten geben den Beschäftigten eine größere Selbstbestimmung bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeiten und ermöglichen es so, Familie, Pflege und Beruf besser miteinander zu vereinbaren. Eine Anpassung des Arbeitszeitgesetzes führt nicht zu einer automatischen Anpassung der Arbeitsverträge. Arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich ausgehandelte Vereinbarungen behalten weiterhin ihre Gültigkeit.

 

[1] Vgl. Europäische Kommission (2017), Seite 23f, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52017XC05…