Tierschutzrecht in der Nutztierhaltung effizient umsetzen I – Verstöße strafrechtlich verfolgen und Defizite im Personalbereich abbauen

Antrag der Abgeordneten Martin Hagen, Christoph Skutella, Julika Sandt, Alexander Muthmann, Matthias Fischbach und Fraktion (FDP)

 

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass der Vollzug des Tierschutzrechts in der Nutztierhaltung verbessert wird, unter anderem durch:

  1. Fortbildungsangebote für Juristen im Bereich Tierschutz,
  1. die Konzentration von Tierschutzstraffällen bei Schwerpunktstaatsanwaltschaften,
  1. den Abbau von Defiziten im Personalbereich der Veterinärverwaltung,
  1. die Einrichtung einer Ombudsstelle, bei der Amtsveterinäre Verstöße melden können, sowie
  1. eine bundesweit einheitliche Vorgehensweise und hohe Standards bei der Überwachung der Tiergesundheit in der Nutztierhaltung in Bezug auf Qualität und Dichte der Kontrollen.

Begründung:

Tierhaltende landwirtschaftliche Betriebe werden gemäß der rechtlichen Grundlagen, wie dem Tierschutzgesetz, der Nutztierhaltungsverordnung, der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und weiterer Normen systematisch und wiederkehrend (im Rahmen von Cross Compliance) oder anlaßbezogen, d.h. aufgrund von Meldungen, die eine Verletzung der Tierschutzvorschriften vermuten lassen, kontrolliert. Nach Tierschutzgesetz dürfen Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorschriften nicht geduldet werden und sollten nach Bekanntwerden unverzüglich den zuständigen Behörden gemeldet oder zur Anzeige gebracht werden. Der Vollzug der tierschutzrechtlichen Vorschriften obliegt den zuständigen Behörden der Länder. Diese können nach § 16a Tierschutzgesetz Maßnahmen zur Durchsetzung der tierschutzrechtlichen Regelungen ergreifen. Wird ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz durch einen Amtsveterinär festgestellt und angezeigt, folgt ein komplexer Vorgang im Rahmen von Verwaltungs-, Bußgeld- oder Strafverfahren. Ob es letztendlich zu einer Verurteilung und zu angemessenen Sanktionen kommt, hängt von vielen Faktoren ab.

Probleme bei der Verfolgung von Verstößen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen sind nicht von den Amtstierärzten zu verantworten, die selbst eine Verbesserung der bestehenden Situation begrüßen würden. Die Personelle Sollausstattung der Amtstierärzte an den Unteren Veterinärbehörden in Bayern liegt aktuell in fast allen Regierungsbezirken bei nur 30 bis 50%.

Zur Umsetzung der „Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebens-mittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz“ vom 29.04.2004 ist ein bundesweit einheitliches Verfahren für amtliche Kontrollen erforderlich.So ist es vorgesehen im Handbuch Tierschutzüberwachung in Nutztierhaltungen (Dez 2018), erstellt von der Arbeitsgruppe Tierschutz in der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz. Das Handbuch enthält Vollzugshinweise für die zuständigen Behörden zur Beurteilung der rechtskonformen Umsetzung der einschlägigen tierschutzrechtlichen Regelungen bei der Haltung, der Betäubung und Tötung sowie beim Transport von Tieren.

Unser Ziel im Sinne des Tierschutzgesetzes muss sein, daß Verstöße, die zur Anzeige gebracht werden, auch wirklich geahndet werden. Leider kann das zuständige Ministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz keine konkrete Auskunft zu den Sanktionen bei angezeigten Verstößen gegen das Tierschutzgesetz geben. In einer Antwort des StMUV auf eine Anfrage der FDP Fraktion wird ausgeführt, daß im Jahr 2017 1024 rinderhaltende Betriebe (von insgesamt 45.000 rinderhaltenden Betrieben in BY) kontrolliert wurden, wobei 796 davon ohne Beanstandung waren. Das heißt im Umkehrschluß: bei einem Fünftel der Betriebe wurden Mängel im Bereich Tierschutz festgestellt. Weiter führt das Ministerium aus, daß Daten zur Sanktionierung bei den jeweils festgestellten Mängeln nicht vorliegen würden und daß Maßnahmen der zuständigen Veterinärbehörden vor Ort im jeweiligen Einzelfall anhand der konkreten Umstände getroffen werden. Eine Sanktionierung von Ordnungswidrigkeiten nach dem Tierschutzrecht würde in Würdigung des Einzelfalls und unter Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens erfolgen.

Laut Aussage eines Experten für Strafrecht gibt es deutschlandweit Probleme bei der Verfolgung von strafrechtlich relevanten Verstößen gegen Tierschutzgesetze. In drei Viertel der Fälle würde nicht ausreichend ermittelt werden. Es fehle an Expertise, Zeit und Personal, sowohl auf Seiten der Staatsanwaltschaft als auch auf Seiten der Veterinäre. Viele Verfahren werden eingestellt, Staatsanwälte sind im Bereich Tierschutz nicht ausgebildet und die Strafen sind zu gering. Zum selben Ergebnis kommt eine Analyse des Thünen Institutes zur Zusammenarbeit zwischen Veterinärämtern und Staatsanwaltschaften bei Verstößen gegen das Tierschutzgesetz. Wie auch das Bayerische Umweltministerium schon feststellte, ist nicht die Anzahl der Kontrollen entscheidend für das Tierwohl in der Nutztierhaltung, sondern die Qualität. Kontrollen ohne Konsequenzen machen keinen Sinn.