Klar, kritisch und konstruktiv: Unsere liberale Corona-Politik 2021
Der Kampf gegen die Corona-Pandemie dominierte auch 2021. Das zweite Ausnahmejahr in Folge begann still. Ohne buntes Feuerwerk und rauschende Partys, dafür mit der Aussicht auf einen wirksamen Impfstoff, verbunden mit der Hoffnung auf die Rückkehr zur Normalität. Ein Jahr später wissen wir: Das Virus bleibt auch 2022 die größte Herausforderung für den Freistaat. Corona bedroht nicht nur die Gesundheit der Menschen, sondern auch Bildung, Arbeitsplätze und unseren Wohlstand. Umso wichtiger ist der FDP-Landtagsfraktion eine kluge, strategische und verhältnismäßige Pandemiebekämpfung. Für uns ist klar: Der Staat muss die Freiheit der Bürger genauso schützen wie ihre Gesundheit.

Im Januar legten wir neben der auf der Winterklausur erarbeiteten "Freiheitsstrategie 2021 – Schritte aus dem Lockdown" einen Gesetzentwurf für ein Qualitätsgesetz für den Digitalunterricht an Bayerns Schulen vor. Unser Ziel: Kein Schüler darf von der digitalen Unterrichtsversorgung abgeschnitten sein. Zudem müsse die digitale Schulausbildung auch auf ein neues Level gehoben werden, um im internationalen Vergleich bestehen zu können, so unser bildungspolitischer Sprecher Matthias Fischbach.
Unser kulturpolitischer Sprecher Dr. Wolfgang Heubisch machte im Januar auf die dramatische und existenzbedrohende Lage der Kunst- und Kulturschaffenden aufmerksam. Gemeinsam mit den Kultursprechern von Grünen und SPD stellte Heubisch auf einer Pressekonferenz einen Sechs-Punkte-Akut-Katalog für die bayerische Kunst- und Kulturszene vor. Die Forderungen gingen auf eine Sachverständigenanhörung im Dezember zurück, die im Kulturbereich auf starke Resonanz gestoßen war. "Kultur ist der Zusammenhalt unserer Gesellschaft und kein Freizeitvergnügen", so Heubisch.
Über diesen Fakt freuten wir uns im Februar besonders: Helmut Markwort, Alterspräsident des Bayerischen Landtags und zugleich der älteste Parlamentarier Deutschlands, erhielt seine erste Corona-Impfung. Der erklärte Impf-Befürworter rief die Bevölkerung auf, es ihm gleichzutun: "Impfen, Impfen, Impfen – Im Kampf gegen das Corona-Virus, zur Eindämmung der Pandemie und zum Schutz der vulnerablen Gruppen bin ich mehr als froh, dass wir diese Möglichkeit jetzt haben."
Der März stand im Zeichen der dreitägigen Haushaltsdebatte im Landtag. Die FDP-Fraktion durchleuchtete hierzu kritisch alle 16 Einzelpläne im Entwurf der Staatsregierung und brachte ein Antragspaket mit 114 Änderungsvorschläge ein. Einsparvolumen: knapp 430 Millionen Euro. In der Generaldebatte plädierte Fraktionschef Martin Hagen für einen schlanken, agilen Staat, der sich auf seine Kernaufgaben konzentriere. Hierzu mahnte Hagen mehr Transparenz an. Die Staatsausgaben müssten ziel- und wirkungsgenauer geplant und umgesetzt werden.
Unser bildungspolitischer Sprecher Matthias Fischbach stellte im März zudem das Antragspaket "Bildungschancen aus der Krise" vor. Denn in unseren Augen kann die Corona-Pandemie der richtige Anlass sein, um mutig aus den bisherigen Gewohnheiten auszubrechen und das Zukunftsfeld Schule neu zu denken. Unter anderem fordert Fischbach mehr Freiheit für die bayerischen Schulen beim Einsatz moderner Konzepte und Methoden: "Wir brauchen Freigestalter-Schulen mit angstfreier Innovationskultur."
Turnusgemäß zur Halbzeit der Legislaturperiode wurde im April der Vorstand der FDP-Fraktion neu gewählt. Fraktionschef Martin Hagen wurde dabei einstimmig im Amt bestätigt. Als Stellvertreter wurden Julika Sandt und Alexander Muthmann wiedergewählt. Matthias Fischbach bleibt Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion.
Ebenfalls im April stellte unsere teilhabepolitische Sprecherin Julika Sandt das Antragspaket "Konversion von Komplexeinrichtungen entscheidend voranbringen" vor. Unabhängig von einer Behinderung wünschen sich die meisten Menschen ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben. Hierzu zählen auch individuelle Wohnmöglichkeiten. Mit der angestrebten Umwandlung von großen Behinderteneinrichtungen wollen wir Menschen mit Behinderung neue Wahlfreiheiten ermöglichen. Die Besonderheit: Die Pressekonferenz wurde auf YouTube übertragen und dort von einem Dolmetscher in Gebärdensprache übersetzt. Zudem wurde eine Broschüre zum Antragspaket in leichter Sprache verfasst.
Im Mai zogen wir erst einmal Bilanz. Zweieinhalb Jahre parlamentarische Arbeit lagen hinter uns und wollten bewertet werden. Die Ergebnisse stellten wir auf einer neuen Webseite online und veröffentlichten sie in einer Broschüre.
Mit den Landtagsfraktionen von CSU, Freien Wählern, Grünen und SPD riefen wir im Mai geschlossen zum Kampf gegen Antisemitismus und Judenfeindlichkeit auf. Fraktionschef Martin Hagen unterzeichnete die interfraktionelle Resolution "Antisemitismus entschieden bekämpfen!" und mahnte: "Antisemitismus, egal aus welcher Richtung er kommt, darf in Bayern keinen Platz haben." Ziel der Resolution ist, Antisemitismus und dessen Ursachen entschieden und mit allen zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln zu bekämpfen, um ein aktives jüdisches Leben in Bayern auch in Zukunft zu ermöglichen.
Mit dem umfangreichen Maßnahmenpaket "Kinder und Jugendliche gestärkt aus der Krise führen" machten wir uns im Juni für Zukunftsperspektiven von jungen Menschen stark. "Wir sind der 'Generation Isolation' vieles schuldig", erinnerte unsere stellvertretende Fraktionsvorsitzende Julika Sandt an fehlende Freizeitaktivitäten, kaum Treffen mit Freunden sowie geschlossene Schulen und Universitäten. Wie kaum eine andere Bevölkerungsgruppe seien Kinder und Jugendliche in der Pandemie herumgeschubst worden. Daher sei es an der Zeit, "dass wir für junge Menschen Strukturen aufbauen, um sie besser einzubinden und ihnen mehr Mitbestimmung zu geben“, so Sandt.
Im Juli wurden wir als erste klimaneutrale Fraktion im Bayerischen Landtag ausgezeichnet. Seit Beginn der Legislaturperiode im Oktober 2018 haben wir rund 91 Tonnen Kohlendioxid-Emissionen durch Zertifikate des Europäischen Emissionshandels ausgeglichen. Der Freistaat Bayern tappt dagegen völlig im Dunkeln. Denn wie die Staatsregierung auf unsere Anfrage einräumen musste, kann sie die Höhe der einzusparenden Tonnen CO2 zur Klimaneutralität überhaupt nicht beziffern. Diese wurden von den Staatsministerien und nachgelagerten Behörden schlichtweg noch nicht erfasst. "Im Blindflug kann Ministerpräsident Markus Söder sein Ziel einer klimaneutralen Staatsverwaltung bis 2030 niemals erreichen", kritisierte unser umwelt- und klimapolitische Sprecher Christoph Skutella.
Ein ungewöhnlich teurer Mietvertrag zu Lasten der Steuerzahler, eine großzügige Parteispende an die CSU und mittendrin der damalige Finanzminister namens Markus Söder: Diese Gemengelage rund um die Vermietung der Räumlichkeiten für das neue Zukunftsmuseum in Nürnberg ließ in diesem Jahr unseren baupolitischen Sprecher Sebastian Körber nicht los. Im Juli stellten wir daher gemeinsam mit Grünen und SPD zwei gutachterliche Stellungnahmen vor. Diese bestätigten, dass die viel zu hohen Mieteinnahmen sowie die Rahmenbedingungen um den Erwerb erklärungsbedürftig sind. Söders Versuch, das für ihn leidige Thema kommentarlos auszusitzen, dürfte wohl fehlschlagen. Denn der Bayerische Oberste Rechnungshof will unsere gutachterlichen Stellungnahmen in seinen Prüfbericht aufnehmen. Wir bleiben dran!
Das trifft auch auf die unzähligen Maskendeals der CSU im Zuge der Corona-Pandemie zu. Nachdem die bayerische Staatsregierung mehrere Anfragen von FDP, Grünen und SPD unzureichend beantwortete und einen unabhängigen Sonderermittler ablehnten, stellten wir im August einen Fragenkatalog mit Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vor. "Transparenz sieht anders aus! Allein schon der Verdacht, dass Abgeordnete in die eigene Tasche wirtschaften oder Provisionen kassieren, schadet der Demokratie immens, da sie das Vertrauen der Bürger in die Politik beschädigt", schimpfte unser finanz- und haushaltspolitischer Sprecher Dr. Helmut Kaltenhauser. Im Dezember kam der Untersuchungsausschuss zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen.
Auf der Herbstklausur der FDP-Fraktion in Deggendorf wurde im September nicht nur intensiv über parlamentarische Initiativen für den Herbst debattiert, sondern unter dem Motto #Nachhaltiginnovativ auch Strategien für die Zukunftsfelder Klimaschutz und Digitalisierung erarbeitet. Bei der Vorstellung des Positionspapiers Klimaschutz kritisierte Fraktionschef Martin Hagen die derzeitige deutsche Klimapolitik als kleinteilig, ineffizient und teuer. Statt einer Vielzahl von Steuern, Verboten und Subventionen brauche man einen Emissionshandel mit festem CO2-Limit für alle Sektoren. Umweltexperte Christoph Skutella erinnerte daran, dass es sich beim Klimaschutz um eine internationale Mammutaufgabe handele. Niemandem sei geholfen, wenn Bayern 2040 klimaneutral sei, während in Schwellenländern weiterhin die Kohlekraftwerke laufen.
In der täglichen Arbeit der FDP-Fraktion spielte im Oktober auch die Bundestagswahl eine Rolle. Im Interview mit der "Passauer Neuen Presse" bezeichnete Fraktionschef Martin Hagen die Liberalen als Garant der wirtschaftspolitischen Vernunft. Gerade in einer Ampel-Regierung werde diese Rolle wichtig sein. Schließlich sei wirtschaftlicher Erfolg das Fundament für den Wohlstand in Deutschland – und Voraussetzung dafür, dass sozial- und klimapolitische Projekte finanzierbar seien. "Deshalb wollen wir die Rahmenbedingungen insbesondere für den Mittelstand verbessern", so der FDP-Fraktionschef, "beispielsweise durch steuerliche Anreize für Investitionen, einen Abbau von Bürokratie oder eine qualifizierte Fachkräftestrategie."
Anlässlich des Bayerischen Tourismustags in Nürnberg erneuerte unser wirtschaftspolitischer Sprecher Albert Duin im Oktober seine Forderung nach flexibleren Ladenöffnungszeiten. "Insbesondere an Werktagen sollten die Läden auch nach 20 Uhr noch geöffnet sein dürfen. Das käme auch dem Tourismus zugute", mahnte Duin. Denn: "Wir müssen alles daransetzen, den Tourismus in Bayern weiter zu stärken. Als eine tragende Wirtschaftssäule trägt er zum Wohlstand Bayerns bei."
Im November machte sich die FDP-Fraktion für eine Wahlrechtsreform noch in dieser Legislaturperiode stark. Nach Berechnungen des Augsburger Wahlrechtexperten Professor Dr. Friedrich Pukelsheim droht ohne neues System nach der Bayern-Wahl 2023 ein übergroßer Landtag mit mehr als 230 Sitzen – die Bayerische Verfassung sieht aber nur 180 Abgeordnete vor. "Mehr Abgeordnete bedeuten auch Mehrkosten. Wir müssen daher das Wahlgesetz zügig zukunftsfest umbauen und die Zahl der Sitze wirksam beschränken", betonte unser Fraktionsvize Alexander Muthmann. Ein XXL-Landtag gehe nicht nur auf Kosten der Steuerzahler im Freistaat, sondern auch zulasten der Arbeitsfähigkeit des Parlaments.
Vor dem Hintergrund der Affäre um verzerrte Inzidenzzahlen für Geimpfte und Ungeimpfte war die Vorweihnachtszeit für die FDP-Fraktion alles andere als besinnlich. Für ihre Forderung nach mehr Transparenz und lückenloser Aufklärung wurden die Liberalen im Dezember sowohl von den Regierungsfraktionen als auch von den Grünen als rechtspopulistisch gebrandmarkt. Die objektive Presse zeigte sich darüber entsetzt. Die Tageszeitung "Welt" bezeichnete die Reaktionen von CSU und Freien Wählern als "traurigen Akt der Ratlosigkeit". Anstatt Antworten zu geben und sich zu entschuldigen, habe die Staatsregierung "die AfD-Keule ausgepackt". Das sei "der schäbige Versuch, vom eigenen Versagen, möglicherweise gar von der bewussten Täuschung der Bevölkerung abzulenken." Fraktionschef Martin Hagen hat die Anfrage bei Landtagspräsidentin Ilse Aigner moniert. "Wir werden auf die Herausgabe der Zahlen pochen – zur Not ziehen wir vors Verfassungsgericht."
Unser gesundheitspolitischer Sprecher Dr. Dominik Spitzer machte sich im Dezember für ein besseres Impfmanagement stark. "Es darf nicht sein, dass Impfwillige nach Hause geschickt und Termine wieder abgesagt werden müssen, weil nicht genügend Impfstoff geliefert wurde. Die niedergelassenen Arztpraxen brauchen mehr Planungssicherheit bezüglich ihrer bestellten Impfstoffmengen", monierte Spitzer in der letzten Sitzungswoche im Landtag. Die Impfbereitschaft in der Bevölkerung sei hoch, die Leute motiviert. Dies dürfe man nicht leichtfertig verspielen.
Ab 2026 haben Grundschulkinder einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Doch Bayern hinkt massiv hinterher. Im bundesweiten Vergleich liegt der Freistaat auf dem letzten Platz. Unser bildungspolitischer Sprecher Matthias Fischbach hat daher im Dezember das umfangreiche Maßnahmenpaket "GanztagsBILDUNG" geschnürt, das den quantitativen und zugleich auch qualitativen Ausbau des Ganztagsangebots vorantreiben soll.
Im Jahresrückblick des BR24-Podcasts Landespolitik stellte uns die Leiterin der Akademie für Politische Bildung, Prof. Ursula Münch, ein gutes Jahreszeugnis aus. Ihr profundes Urteil: Die kleinste Oppositionsfraktion habe sich während der gesamten Pandemie als deutlicher Kritiker der Corona-Maßnahmen der bayerischen Staatsregierung betätigt und dabei ihre konstruktive Kritik immer begründet. Wer gegen die überzogenen Maßnahmen der Staatsregierung auch im Verständnis von verfassungsrechtlichen Einschränkungen gewesen sei, habe sich durch die Liberalen bestimmt ganz gut vertreten gefühlt, so Münch. (jba)