KÖRBER: Mit unseren Änderungen der Bauordnung wird Wohnen in Bayern wieder bezahlbar

Bauen soll in Bayern künftig einfacher und schneller gehen. Dieses Ziel hatte die bayerische Staatsregierung für die umfassende Reform der Bayerischen Bauordnung ausgegeben. Der Gesetzentwurf, der uns Abgeordneten im Juli im Parlament vorgestellt wurde, ist aber zu kurz gedacht. Er wird nicht dazu beitragen, dass schneller, mehr oder gar günstiger gebaut wird. Deshalb hat die FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag ein Paket mit 29 Änderungsanträgen geschnürt.
Ein Beitrag von Sebastian Körber.

Baustelle in Bayern

Baustelle in Bayern

Zu Beginn der Legislaturperiode hatte Hans Reichhart, ehemals Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr, eine umfangreiche Novellierung der Bayerischen Bauordnung angekündigt. Die Novelle, die uns nun vorliegt, rund anderthalb Jahre nach Ankündigung, ist mehr als enttäuschend. Es handelt sich hier vielmehr um ein "Novellchen". Ein paar Änderungen, unter anderem in Art. 31 Rettungswege oder Art. 73a Typengenehmigung sind zustimmungsfähig, aber recht viel mehr ist nicht gegeben.

Generell war es das Ziel, eine Novelle auf den Weg zu bringen, die dazu beitragen wird, dass das Bauen "einfacher und schneller, günstiger, flächensparender und nachhaltiger" wird. Dies ist in Gänze nicht gelungen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Corona den Wohnungsdruck weiter verschärfen wird, Angebot und Nachfrage immer weiter auseinanderdriften und jährlich rund 10.000 neuen Wohneinheiten zu wenig fertiggestellt werden. In den letzten zehn Jahren sind die Mietkosten durchschnittlich um 50 Prozent und die Kaufpreise durchschnittlich um 100 Prozent gestiegen. Die rasant steigenden Kaufpreise für Wohnimmobilien sorgten in den letzten Jahren dafür, dass sich der Traum von den eigenen vier Wänden schon fast ausgeträumt hat. Laut der Wohntraumstudie aus dem Jahr 2019 wünschen sich 66 Prozent aller Mieterinnen und Mieter Wohneigentum, 38 Prozent haben jedoch nicht die notwendigen finanziellen Mittel, um sich Eigentum leisten zu können. Ein Baukindergeld kann hier auch keine Abhilfe schaffen. Die Lösung lautet simpel: Es muss mehr, schneller und kostengünstiger gebaut werden. Daher hätte ich mir eine Novelle gewünscht, die jeden Artikel gnadenlos auf Entbürokratisierung geprüft hätte, insbesondere in den kostentreibenden Artikeln Wärme-, Schall-, und Erschütterungsschutz (Art. 13), Stellplatzsatzung (Art. 47), Barrierefreiheit (Art. 48) und Bautechnische Nachweise (Art. 62).

Wir als FDP-Landtagsfraktion haben nun mit 29 Änderungsanträgen schon fast eine "eigene Novelle" auf den Weg gebracht, die modern (wir formulieren die BayBO genderneutral), sozial (wir unterbinden Bodenspekulation), digital (digitale Kommunikation soll zur Regel werden und nicht zur Ausnahme; Einführung eines Digitalbonus für Hard- und Software für die Genehmigungsbehörden), praxistauglich (wir schaffen eine Genehmigungsfiktion, die die Genehmigungsbehörden kapazitativ nicht überfordert) und technologieoffen ist (keine Privilegierung einzelner Baustoffe) sowie ein kostengünstigeres (Einführung eines Wirtschaftlichkeitsgebots) und flächensparendes Bauen (wir wollen keine Sonderregelungen im Abstandsflächenrecht, gerade in Städten, wo der Wohnungsdruck mit am Größten ist) ermöglicht.

Wir hoffen auf eine umfangreiche Annahme unserer Änderungsanträge, denn nur so kann wirklich eine innovative und ambitionierte Bauordnung auf den Weg gebracht werden.“

Folgende Änderungsvorhaben sind uns im Einzelnen besonders wichtig:
 

Abstandsflächenrecht (Art. 6)/ Inkrafttreten (§10)

  • Die Staatsregierung will eine Sonderregelung für Städte über 250.000 Einwohnern einführen und somit für Großstädte wie München, Nürnberg oder Augsburg keine weitere Verdichtung zulassen. Zudem beharrt die Staatsregierung auf eine Mindestabstandsfläche von drei Metern. Das novellierte Abstandsflächenmodell soll der Staatsregierung zufolge erst ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes gelten.
  • Wir wollen keine weiteren Verschärfungen mit den daraus resultierenden Verteuerungen, sondern eine allgemeine Erleichterung der Nahverdichtung unabhängig der Einwohnerzahl. Denn insbesondere in Großstädten treibt doch die Wohnungsknappheit die Mieten und Kaufpreise nach oben. Uns genügt zudem eine Mindesttiefe von 2,5 Meter, wie es in Baden-Württemberg bereits erfolgreich praktiziert wird. Eine Übergangsfrist von einem Jahr ist uns zu lange. Das könnte zur Folge haben, dass Projektentwickler Projekte aufschieben, wodurch noch weniger gebaut werden würde.

Spielplätze (Art. 7)

  • Die Staatsregierung will die Errichtung eines Spielplatzes bei Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen aufrechterhalten. Neu ist allerdings, dass die Gemeinden zweckgebunden über eine etwaige Ablöse entscheiden können.
  • Wir wollen nicht, dass die Errichtung einer Einliegerwohnung oder eines Dachgeschossausbaues an der Pflicht zur Anlegung eines Spielplatzes oder einer hohen Ablösesumme scheitert. Ebenso sollten private Bauverantwortliche nicht für die komplette Finanzierung eines öffentlichen Spielplatzes herangezogen werden, weswegen eine etwaige Ablöse auf 250 Euro pro Wohneinheit begrenzt werden soll.

Wärme-, Schall- und Erschütterungsschutz (Art. 13)/ Grundpflichten (Art. 49)/ Bautechnische Nachweise (Art. 62)

  • Diese drei Artikel sind in der Praxis allesamt als Kostentreiber bekannt. Die Staatsregierung hält dennoch keine Änderungen für notwendig.
  • Wir wollen dagegen ein allgemeines Wirtschaftlichkeitsgebot einführen, dass den Baugenehmigungsbehörden die Möglichkeit gibt, ihrem Ermessen nach zu entscheiden. Kosten und Nutzen müssen im Einklang stehen.

Brandverhalten von Baustoffen (Art. 24)/ Außenwände (Art. 26)

  • Die Staatsregierung möchte den Baustoff Holz privilegieren und fördern.
  • Wir wollen eine baustoff-neutrale Bauordnung. Die Privilegierung eines einzelnen Baustoffs ist nicht technologieoffen.
     

Stellplätze (Art. 47)

  • Im Bereich der Stellplatzsatzung sieht die Novelle keine Änderungen vor.
  • Wir wollen den Stellplatzschlüssel nicht nur in Ballungsregionen reduzieren, sondern auch beim Bau von geförderten Wohnungen, Senioren- und Studentenwohnheimen, Einliegerwohnungen oder beim Dachgeschossausbau. Die Stellplatzpflicht ist ein wesentlicher Kostentreiber und wird weder neuen Mobilitätsformen noch dem Vorhandensein eines leistungsfähigen öffentlichen Personennahverkehrs gerecht.

Barrierefreiheit (Art.48)

  • Hier plant die Staatsregierung keine Änderungen.
  • Wir sind vollauf überzeugt, dass die Errichtung barrierefreier Wohnungen, insbesondere vor dem Hintergrund des demographischen Wandels, äußerst bedeutsam ist. Allerdings lassen sich in unseren Augen schon mit geringfügigen Anpassungen wesentliche Kosten einsparen. So genügt es unserer Meinung nach, wenn 25 Prozent aller Wohnungen barrierefrei zugänglich sind, und nicht jede dritte.
     

Bauantrag (Art. 64)/ Behandlung des Bauantrags (Art. 65) / Beteiligung des Nachbarn (Art. 66) / Baugenehmigung (Art. 68)

  • Die Staatsregierung möchte zwar einen neuen Artikel zur Digitalisierung einbauen (Art. 80 A Digitale Baugenehmigung), dabei aber lediglich eine Ermächtigung zur Digitalisierung von Baugenehmigungen und bauaufsichtlicher Verfahren aussprechen.
  • Das geht uns nicht weit genug. Denn die Zukunft des Bauens ist digital – und hier hinkt Bayern hinterher. Entlang der Wertschöpfungskette ist enormes Potential vorhanden, um effizienter planen und bauen zu können sowie Informationen zwischen allen Projektbeteiligten in Echtzeit zu teilen. Um einen echten Paradigmenwechsel herbeizuführen, müssen regulatorische Vorgaben in allen bestehenden Artikeln von Bauantragsstellung, über Behandlung bis hin zur Genehmigung angepasst werden. Des Weiteren sollte der Freistaat die Bauaufsichtsbehörden unterstützen, indem ihnen für Personal sowie für Hard- und Software, zusätzliche finanzielle Mittel zugesagt werden. Insgesamt sollten 250 zusätzliche Stellen in den Baugenehmigungsbehörden (Landratsämter inkl. kreisfreie Städte) geschaffen werden und jede Baugenehmigungsbehörde sollte einmalig einen Zuschuss von 25.000 Euro pauschal erhalten und pro 50.000 Einwohnerinnen und Einwohner jeweils zusätzlich 10.000 Euro.
     

Behandlung des Bauantrags (Art. 65)

  • Die Novelle sieht eine Genehmigungsfiktion vor, die nicht praxistauglich ist und die Baugenehmigungsbehörden an ihre Grenzen bringen würde. Eine Frist von zwei oder drei Wochen zur Prüfung der Anträge auf Vollständigkeit ist realitätsfremd.
  • Wir wollen daher eine Genehmigungsfiktion nach Prüfung auf Vollständigkeit innerhalb einer Frist von sechs Wochen einführen. Bauanträge könnten dadurch zügiger bearbeitet werden, ohne die Bauaufsichtsbehörden kapazitativ zu überlasten. Die Bauherrschaft hätte dadurch auch mehr Planungssicherheit.