FDP-Abgeordnete übernehmen politische Patenschaften mit inhaftierten Iranern

Im Iran werden systematisch Menschenrechte verletzt sowie Oppositionelle willkürlich verhaftet, gefoltert und hingerichtet. Insbesondere seit den Massenprotesten im vergangenen Jahr wurden zehntausende Demonstranten festgenommen und viele von ihnen zum Tode verurteilt. Um diesen Verbrechen Einhalt zu gebieten und öffentliche Aufmerksamkeit für die Opfer zu schaffen, haben unsere Abgeordnete politische Patenschaften mit inhaftierten Iranerinnen und Iranern übernommen. Hier erfahren Sie deren Geschichten.

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Martin Hagen (Fraktionsvorsitzender), Julika Sandt (stv. Fraktionsvorsitzende) und Matthias Fischbach (Parlamentarischer Geschäftsführer) haben politische Patenschaften mit inhaftierten Iranerinnen und Iranern übernommen.

FATEMEH MOSANAH

Fatemeh Mosanah

Die Bürgerrechtsaktivistin Fatemeh Mosanah wurde zusammen mit ihrem Mann und Kindern im Februar 2013 verhaftet. Offizielle Gründe hierfür waren die „Zusammenarbeit mit oppositionellen Gruppierungen, Aktionen gegen die nationale Sicherheit und Verschwörung gegen Gott“. Das Islamische Revolutionsgericht verurteilte sie zu fünfzehnjähriger Gefängnisstrafe. Seit dem 30. September 2015 wird Fatemeh im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran festgehalten. Fatemeh leidet unter anderem an chronischen Schmerzen im Bein. Im Gefängnis wird ihr immer wieder fachärztliche Hilfe vorenthalten.

Das erste Mal wurde Fatemeh 1980 im Alter von 13 Jahren inhaftiert. Ihr und ihrer Mutter wurde damals „Verschwörung gegen Gott“ und „Mitgliedschaft der Volksmudschahedin“, einer militanten Gruppierung, die den Iran in einen demokratischen und säkularen Staat umwandeln will, vorgeworfen. Beide Frauen wurden zu jeweils dreijährigen Gefängnisstrafen verurteilt. In dieser Zeit wurden drei ihrer Angehörigen wegen oppositionellen Tätigkeiten exekutiert.

Ihr politischer Pate ist FDP-Landes und Fraktionschef Martin Hagen. Er sagt: „Als zweifacher Vater ist es für mich unerträglich zu sehen, wie die Kinder von Fatemeh Mosanah seit Jahren ohne ihre Eltern aufwachsen müssen, weil diese aus rein politischen Gründen festgehalten werden. Daher fordere ich nachdrücklich ihre sofortige Freilassung!“

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FAMILIE FALLAHI

Familie Fallahi

Im November 2022 wurde die Familie Fallahi im Rahmen der landesweiten Proteste von der Revolutionsgarde festgenommen. Die Geschwister Arghavan Fallahi und Ardavan Fallahi, sowie ihr Vater Nasrollah Fallahi befinden sich derzeit im Evin-Gefängnis in Teheran, wo sie unter extremen Bedingungen festgehalten werden.

Arghavan Fallahi wurde im Alter von 22 Jahren, gemeinsam mit ihrem zum Zeitpunkt der Festnahme 66-jährigen Vater, am 4. November 2022 in der Stadt Shiraz von der Islamischen Revolutionsgarde entführt. Einen Tag zuvor wurde ihr Bruder Ardavan Fallahi mit 24 Jahren in Isfahan festgenommen. Auch die Familienfreundin Parvin Mirasan wurde im November verhaftet.

Seit ihrer Festnahme hat die Familie Fallahi keinen Zugang zu einem Anwalt. Sie werden ohne juristische Vertretung festgehalten. Ihr Anwalt Erfan Karamveisi wird vehement daran gehindert, auf den Fall zuzugreifen und die Fallahi-Familie zu verteidigen. Alle Kautionsanfragen wurden abgelehnt und ihre vorübergehende Haftanordnung wurde verlängert.

Arghavan Fallahi wurde über 60 Tage lang in Einzelhaft unter unmenschlichen Bedingungen in Shiraz gefangengehalten, bevor sie am 12. Februar 2023 ins Evin-Gefängnis gebracht wurde. Ihr Bruder Ardavan Fallahi verbrachte ebenfalls 60 Tage in Einzelhaft in Isfahan, bevor er ins Evin-Gefängnis in Teheran verlegt wurde.

Der gesamte Fall der Familie Fallahi ist von großer Intransparenz geprägt und es gibt nur wenige Informationen über den Zustand und Fall der Familie. Lokale Menschenrechtsbeobachter haben jedoch bestätigt, dass ihnen ernsthafte und unbegründete Anschuldigungen gemacht wurden. Ihr Anwalt gab an, dass die Familie wegen „Krieg gegen Gott“, „Korruption auf Erden“ und „Korruption gegen die nationale Sicherheit“ angeklagt sei. Diese Anklagepunkte können mit schweren Strafen bis hin zur Todesstrafe geahndet werden.

Für sie hat FDP-Fraktionsvize Julika Sandt die Patenschaft übernommen: „Mich beeindruckt der Mut und die Stärke der Menschen im Iran. Der Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmtheit muss Wirklichkeit werden. Daher unterstütze ich die Familie Fallahi aktiv mit einer Patenschaft. Ich bin in großer Sorge um ihr Wohl und fordere die sofortige Freilassung“, so Sandt.

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ALI AHMAD BARICHI

Ali Ahmad Barichi

Der Belutsche Ali Ahmad Barichi wurde Mitte Oktober 2022 nach der Teilnahme an landesweiten Protesten von der Islamischen Revolutionsgarde in Karimabad verhaftet. Ali befand sich zunächst in einer Haftanstalt des Geheimdienstes. Nach etwa zweieinhalb Monaten wurde er dann in das Zentralgefängnis von Zahedan (Provinz Sistan und Belutschistan) verlegt. Dort wird er in der Abteilung 9 ohne Anklage oder Erklärung festgehalten. Ein Urteil wurde noch nicht ausgesprochen. Die Gefahr, die Todesstrafe zu erhalten, ist sehr hoch.

Die Familie von Barichi ist sehr besorgt um seine Gesundheit und hat vergeblich versucht, Informationen über seine Inhaftierung und seinen Zustand zu erhalten. Barichi wurde während seiner Haft von Gefängnisbeamten bedrängt, um ein erzwungenes Geständnis zu erlangen. Berichten zufolge wird er gefoltert.

In der Islamischen Republik Iran sind religiöse und ethnische Minderheiten, wie in diesem Falle die Belutschen, starker systematischer Repression ausgesetzt. Insbesondere während der aktuellen Revolution hat sich dies in extremer Gewaltanwendung gegenüber den Protestierenden gezeigt.

Sein politischer Pate ist der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Matthias Fischbach, der mahnt: „Wir müssen den Menschen im Iran bei Ihrem Streben nach Freiheit entschieden zur Seite stehen. Es geht um Deutschlands Glaubwürdigkeit im Kampf für Freiheit und Menschenrechte weltweit.“

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HINTERGRUND

Die Islamische Republik Iran missachtet systematisch die Rechte ihrer Bürger. Immer wieder kommt es zu willkürlichen Festnahmen, Verurteilungen ohne faire Gerichtsprozesse sowie zu Misshandlungen und Hinrichtungen von Andersdenkenden. Mit der unmenschlichen Behandlung ihrer Gefangenen verletzt die Islamische Republik Iran in hohem Maße die von ihr ratifizierten menschenrechtlichen Mindeststandards des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte („Zivilpakt“) der Inhaftierten. Dazu gehören unter anderem das Verbot von Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (Artikel 7), das Verbot willkürlicher Gefangennahme (Artikel 9) sowie das Recht auf ein faires Verfahren (Artikel 14).

In Reaktion auf den gewaltsamen Tod von Jina Mahsa Amini am 16. September 2022 im Gewahrsam der iranischen Religionspolizei sind im gesamten Iran Massenproteste gegen diese Zustände ausgebrochen. Insgesamt wurden dabei 527 Menschen getötet, 71 davon sollen Minderjährige gewesen sein.

Menschenrechtsbewegungen gehen zudem von mindestens 20.000 Festnahmen und über 100 (angedrohten) Todesstrafen aus. Einige davon wurden bereits öffentlichkeitswirksam vollzogen, darunter beim deutsch-iranischen Oppositionellen Jamshid Sharmahd, andere stehen noch aus und könnten daher potenziell verhindert werden.

Um öffentlichen Druck auf das iranische Regime auszuüben und es davon abzuhalten, weitere Todesstrafen zu vollstrecken, koordiniert die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) seit einigen Jahren sogenannte "politische Patenschaften". Hierbei übernehmen westliche Politiker eine symbolische "Patenschaft" für politische Gefangene – z.B. Menschenrechtsverteidiger, Frauenrechtlerinnen, Journalisten, Angehörige verfolgter Minderheiten, Umweltaktivisten usw. Dies hilft den Betroffenen konkret, denn so wird internationale Aufmerksamkeit geschaffen, die potenziell Leben retten kann.

Denn selbst Folterstaaten wie die Islamische Republik Iran wollen nach außen einen Anschein von Rechtsstaatlichkeit aufrechterhalten. Für das Regime ist gerade Deutschland zudem politisch und wirtschaftlich ein außerordentlich wichtiges Land. Die Erfahrung zeigt, dass der Iran daher Wünsche von deutschen Abgeordneten sehr aufmerksam wahrnimmt. In der Vergangenheit hat der Einsatz von deutschen Politikern dementsprechend für die große Mehrheit der betreuten Gefangenen zu ganz erheblichen Verbesserungen geführt: zur Umwandlung von Todesstrafen in Haftstrafen, zur deutlichen Reduzierung der willkürlichen Gefängnisstrafen, zu einem Ende von Misshandlungen und vielfach auch zur Freilassung. Daher hat sich auch die bayerische FDP-Landtagsfraktion dazu entschieden, sich an den Patenschaften zu beteiligen.

Martin Hagen bei der Unterzeichnung der Patenschaft.