HAGEN-Gastbeitrag: TTIP-Gegner tragen Mitschuld am Handelskrieg – Deutschland braucht ein Bekenntnis zum Freihandel
In einem Gastbeitrag für die "Welt" vom 31. August 2019 gibt Martin Hagen, Mitglied des FDP-Bundesvorstands und Vorsitzender der bayerischen FDP-Landtagsfraktion, den deutschen TTIP-Gegnern eine Mitschuld am drohenden Handelskrieg: „Deutschland ist eine Keimzelle des protektionistischen Zeitgeistes, unter dem unsere Exportwirtschaft nun leidet. Europa hatte die Chance, mit Obama die Regeln für einen offenen Welthandel zu gestalten – stattdessen wird es nun Opfer von Trumps Strafzöllen.“ Hagen fordert, Deutschland müsse sich offensiv zum Freihandel bekennen, CETA ratifizieren und weitere Handelsabkommen anstoßen.
Der Gastbeitrag im Wortlaut:
„Deutschland droht eine Rezession: Der Exportmotor stottert, die Industrieproduktion bricht ein, die Wachstumsprognosen sind niederschmetternd. Der Schuldige ist schnell ausgemacht: Donald Trump, der mit seiner protektionistischen Handelspolitik die Weltwirtschaft ins Chaos stürzt. Doch wer mit dem Finger nur empört über den großen Teich zeigt, macht es sich zu einfach.
Denn Deutschland selbst ist eine Keimzelle des protektionistischen Zeitgeistes, unter dem unsere Exportwirtschaft nun leidet. Zur Erinnerung: Mehr als 200.000 Menschen gingen im September 2016 bundesweit auf die Straße, um gegen das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP zu protestieren. Es war der Höhepunkt einer Kampagne globalisierungskritischer NGOs, die in keinem anderen europäischen Land annähernd so viel Resonanz fand wie in Deutschland – ausgerechnet dem Land, dessen Wohlstand in beispielloser Weise vom Außenhandel abhängt.
Dabei war TTIP eine Verheißung: Eine Freihandelszone, die rund 800 Millionen Menschen und fast die Hälfte der globalen Wertschöpfung umfasst, hätte nicht nur enorme Potenziale für Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks geboten. Sie hätte es Europa und den USA auch ermöglicht, globale Umwelt-, Sozial- und Verbraucherschutzstandards zu definieren, bevor andere es tun.
Aber die Deutschen ließen sich ins Bockshorn jagen. Politische Kräfte von links bis rechts schürten Ängste vor Chlorhühnchen und Souveränitätsverlust. Befürworter des Abkommens duckten sich lieber weg, anstatt den Kampf um die öffentliche Meinung entschlossen aufzunehmen. Im Rückblick zeigt sich das Ausmaß der Tragödie: Europa hatte die Chance, mit Obama die Regeln für einen offenen Welthandel zu gestalten – stattdessen wird es nun Opfer von Trumps Strafzöllen.
Die deutschen TTIP-Gegner hören es nicht gerne, aber sie und die Anhänger Donald Trumps sind Brüder im Geiste. Beide fürchten sich vor der Globalisierung und suchen ihr Heil in nationaler Abschottung. Beide betrachten die Weltwirtschaft als Nullsummenspiel, in dem der eine nur auf Kosten des anderen gewinnen kann.
Dabei ist freier Handel eine Win-Win-Strategie: Alle Beteiligten profitieren. Die Globalisierung hat in den vergangenen drei Jahrzehnten weltweit mehr als einer Milliarde Menschen den Weg aus der Armut heraus geebnet. Gleichzeitig hat sie zu einer größeren Produktauswahl und niedrigeren Preisen für die Verbraucher geführt. Offene Märkte, internationale Arbeitsteilung und globale Wertschöpfungsketten führen insgesamt zu mehr Wohlstand. Die Abschottung nationaler Märkte, die bei einer Eskalation des Handelskriegs droht, würden hingegen auf allen Seiten nur Verlierer produzieren.
Deutschland hat allen Grund, sich offensiv zum Freihandel zu bekennen. Als Exportweltmeister dürfen wir nicht tatenlos zusehen, wie ein überkommen geglaubter Protektionismus weltweit neue Blüten treibt und unseren Wohlstand gefährdet. Wichtig und symbolträchtig wäre, dass der Bundestag endlich CETA ratifiziert. Außerdem sollte die Bundesregierung sich auf EU-Ebene für weitere Abkommen stark machen. Gerade dort, wo die USA sich aus Handelsverträgen zurückziehen, kann Europa aktiv werden, beispielsweise im pazifischen Raum. Und auch bei TTIP lohnt sich ein neuer Anlauf – spätestens in der Zeit nach Trump."
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Fabienne Rzitki
Pressesprecherin
FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag
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