Landflucht verhindern!

Beschluss vom 75. Landesparteitag in Amberg Präambel: Das Phänomen der Landflucht gefährdet die Grundversorgung im ländlichen Gebiet: Durch den Wegzug junger Menschen in städtische Gebiete und die alternde Gesellschaft auf dem Land, verlieren ländliche Gemeinden ihre Einwohner und Funktionsfähigkeit. Die Folgen sind hoher Leerstand und der Wegfall grundlegender Strukturen wie Ärzten, Schulen und Arbeitsstellen in den Dörfern, bei gleichzeitig zunehmender Wohnungsnot in den Städten. Ländliches Gebiet ist oftmals bezahlbarer, grüner und wertvoller Lebensraum und als solcher schützenswert. Junge Familien und Firmen finden hier genug Platz, um sich anzusiedeln und zu wachsen. Der Landesparteitag möge beschließen: Um ländliches Leben zu fördern, Städte zu entlasten und der Landflucht entgegenzuwirken, fordern die Freien Demokraten: Verbesserung öffentlicher Personennahverkehr Im Vergleich zu Städten, mit gut ausgebautem öffentlichen Nahverkehr und damit einhergehender Mobilität, hinkt der ländliche Raum hinterher. Aber gerade hier ist es wichtig, Mobilität zwischen den teilweise weit entfernten und fußläufig nur schwer erreichbaren Einrichtungen des täglichen Lebens zu gewährleisten, wobei besonders jungen und alten Menschen reelle Alternativen zum Individualverkehr mittels KFZ zu bieten sind. Zur Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs im ländlichen Raum fordern wir:
  • Die materielle, finanzielle und rechtliche Förderung von Bürgerbusvereinen.
  • Eine weitgreifende Liberalisierung des Carsharing- und Ridesharingmarkts, sowie die Aufhebung von staatlichen Markthindernissen für neue, mit dem konventionellen Taxi konkurrierenden, Personenbeförderungsdiensten.
  • Die FDP Bayern fordert, dass das Alter zum PKW-Führerscheinerwerb ein weiteres Jahr herabsetzt wird. Begleitetes Fahren soll so ab 16 Jahren, eigenständiges Fahren ab 17 Jahren möglich sein.
  • Die Implementierung bedarfsorientierter ÖPNV-Systeme wie Baxi oder Immer/Yosili. Durch die Schulung der rechtl. Rahmenbedingungen für autonome Fuhren kann vor allem im Bereich der ÖPNV breite Versorgung sichergestellt werden.
Herstellung und Gewährleistung einer funktionierenden Bildungsinfrastruktur im ländlichen Raum: Um der Landflucht entgegenzuwirken, ist es zwingend erforderlich, Schulen auch auf dem Land zu erhalten. Vielerorts stehen die Verantwortlichen vor der Problematik, Schulen mit geringer Schülerzahl erreichbarer Nähe zu halten und trotzdem möglichst kosteneffizient zu agieren. Gerade auf dem Land können Privatschulen gut funktionierende und besser auf die Situation vor Ort angepasste Alternativen zu staatlichen Schulen darstellen. Um die Gründung und Ansiedlung privater Bildungseinrichtungen zu fördern, fordern wir, private Schulen im ländlichen Raum bereits von Anfang an mit staatlichen Mitteln zu fördern, sofern seitens des Schulträgers keine zusätzlichen Gebühren erhoben werden. Die Voraussetzungen dafür dürfen nicht an eine zeitliche Komponente, sondern einzig und allein an die Qualität der Schule gebunden sein. Wir fordern, die Sicherstellung der Beförderung von Schülern auch aus kleinen Gemeinden zur nächstgelegenen Schule. Vereinsleben/Ehrenamtliches Engagement stärken: Freizeitaktivitäten stellen einen essentiellen Kern des Lebens in einer Gemeinde dar. Vereine fördern das Sozialleben und die Verbindung zur Gemeinde. Die Kommune hat dabei primär die Aufgabe, die Infrastruktur zur Vereinsarbeit bereitzustellen, jedoch nicht aktiv in die Vereinsarbeit einzugreifen. Wir fordern daher
  • Wohnortnahe Sportaktivitäten ermöglichen.
  • Hinreichend Hallen, Schwimmhallen etc. bereitstellen, ggf. interkommunale Lösungen.
  • Es soll reduzierte Nutzungsgebühren von Sportanlagen und Hallen für ehrenamtliche Arbeit oder Jugendarbeit geben
  • Einrichtung von Begegnungsstätten wie Mehrgenerationenhäuser oder Bürgerzentren errichten.
  • Schulen in Trägerschaft sollen verstärkt, bspw. im Fach Sport, mit lokalen Vereinen kooperieren
Wohnen und Häuslebauen: Wohnen und Grundeigentum müssen attraktiv sein, damit sich Menschen in einer Gemeinde ansiedeln. Vielfach sorgen jedoch Kostentreiber und Bürokratie für Hindernisse. Wir fordern daher:
  • Klare Regeln durch flächendeckende Flächennutzungspläne. Weniger Lücken bzw. Handhabung über Einpassung in die lokale Bebauung.
  • Bei der Ausweisung von Nutzungsflächen sind Mischgebiete stärker zu berücksichtigen
Gesundheitsversorgung auf dem Land sicherstellen: Gerade für junge Mediziner, Pflegekräfte und andere Angehörige der medizinischen Fachberufe, die sich in der Familiengründung befinden, könnten ländliche Regionen Vorteile wie bezahlbaren Wohnraum, kinder- und familienfreundliche Freizeitkonzepte mit Naherholungsgebieten und gute Bildungsstrukturen angeboten werden. Insofern müssen für die dortige Kommunalpolitik Möglichkeiten und Rahmenbedingungen geschaffen werden, die infrastrukturellen Defizite auszugleichen und attraktive Angebote für die Ansiedelung von jungen Angehörigen der Gesundheitsberufe zu machen. Es ist allerdings auch notwendig, dass darüber hinaus selbständig in den Gesundheitsberufen arbeitende Mittelstandsbetriebe wie zum Beispiel Arztpraxen, Apotheken, Physiotherapeuten oder private Pflegedienste angemessen vergütet werden, so dass auch langfristig planbare wirtschaftlich tragfähige Bedingungen für die selbständige medizinische Arbeit im ländlichen Raum bestehen. Liberale Politik ist es Anreize für eigenverantwortliche und selbständige Arbeit zu schaffen. Wir Freie Demokraten bekennen uns hier auch eindeutig zu der besonderen Stellung und Verantwortung, die freie Berufe- hier im Gesundheitswesen- zur Förderung des Allgemeinwohls leisten. Wir fordern zeitlich begrenzte Förderung der Neuniederlassung im ländlichen Bereich, steuerliche Entlastungen für Gründer im medizinischen Versorgungsbereich und Entlastung von bürokratischen Hemmnissen. Langfristig wird sich allerdings die medizinische Versorgung gerade im ländlichen Bereich nicht durch Zwangsmaßnahmen realisieren lassen. Deshalb lehnen wir die Landarztquote, wie sie im zum Beispiel im „Masterplan Medizinstudium 2020“ gefordert wird, als untaugliches Mittel ab. Ebenso haben die Kostendämpfungsinstrumente „Bedarfsplanung“ und „Budgetierung“ die wirtschaftlichen Bedingungen im ländlichen Raum massiv beeinträchtigt und sollen insbesondere im Bereich der Arbeit am und mit dem Patienten aufgehoben werden. Eine angemessene Vergütung der Arbeit im medizinischen Bereich ist zu gewährleisten und zu sichern.Im Bereich der Pflege ist es besonders wichtig, auch selbständige Pflegeeinrichtungen im ländlichen Bereich wirtschaftlich zu fördern und einen entsprechenden gesetzlichen Rahmen zu schaffen, der eine qualitativ hochwertige Pflege im häuslichen Umfeld ermöglicht. Hier sollen auch innovative Konzepte wie Pflegestützpunkte, Mehr-Generationen-Konzepte und Alterswohngemeinschaften in Projekten angedacht und ausprobiert werden. Es sind finanzielle und gesetzliche Rahmenbedingungen für solche innovativen Projekte (Innovationsfonds Pflege) zu schaffen. Auch die wohnortnahe Versorgung mit Arzneimitteln gehört zu einer guten Infrastruktur wie Einkaufen und Wohnen. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht bei den Freien Demokraten immer der – in diesem Fall kranke –Bürger. Versandapotheken sowie Videoapotheken mit Automatenabgabe können zukünftig einen wichtigen Beitrag zur Arzneimittelversorgung in ländlichen Gebieten leisten. Die Behinderung innovativer Vertriebsmodelle durch den Gesetzgeber zu Lasten der Bürger muss aufhören. Hier sind unter den neuen Rahmenbedingungen des EuGH-Urteils faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, die sowohl die besonderen Leistungen der freiberuflich tätigen Apotheker als auch den Versandhandel so berücksichtigen, dass der Patient auch im ländlichen Bereich die Wahl zwischen beiden Konzepten behält. So steht die inhabergeführte Apotheke vor Ort den Patienten 24 Stunden und 7 Tage pro Woche mit einem Notdienst zur Verfügung und muss eine entsprechende zeitgerechte Vorhaltung von Medikamenten gewährleisten. Auch gibt es Lieferkonzepte dieser Apotheker jenseits des Versandhandels. Eine Liberalisierung des Apothekenmarktes muss diese persönlichen Leistungen des freiberuflichen Apothekers fair berücksichtigen. Die besondere persönliche Verantwortung des freiberuflich tätigen Apothekers für die adäquate Medikamentenversorgung des Patienten ist zu respektieren und zu würdigen. Eine leistungsfähige digitale Infrastruktur (Gigabit-Glasfaser) ist ein weiterer wichtiger Baustein zur Verhinderung von Landflucht. Unternehmen können dadurch Standorte im ländlichen Raum behalten oder neu eröffnen, ArbeitnehmerInnen können verstärkt die Option Homeoffice nutzen und digitale Freelancer und Nomanden eben auch verstärkt außerhalb der Metropole arbeiten.